Internationale Lovestory

2017 sorgt ein Wolfspaar im Nationalpark für den ersten Nachwuchs in Bayern seit über 150 Jahren

Eintrag Nr. 49/2022
Datum:


2016 konnte eine Fotofalle im Nationalpark zwei Wölfe fotografieren. Die Polin und der Italiener wurden ein Paar und zeugten 2017 den seit 150 Jahren ersten Wolfsnachwuchs in Bayern.
2016 konnte eine Fotofalle im Nationalpark zwei Wölfe fotografieren. Die Polin und der Italiener wurden ein Paar und zeugten 2017 den seit 150 Jahren ersten Wolfsnachwuchs in Bayern.

Ende 2021 gelang eine Aufnahme einer Wölfin mit vier Jungtieren, die im nördlichen Nationalpark-Gebiet unterwegs waren.
Ende 2021 gelang eine Aufnahme einer Wölfin mit vier Jungtieren, die im nördlichen Nationalpark-Gebiet unterwegs waren.

Grafenau. Eine Polin und ein Italiener suchen und finden sich. Im Böhmerwald gründen sie eine Familie. Warum dies
außergewöhnlich ist? Weil damit nach langer Zeit ihrer Abwesenheit erstmals wieder Wölfe in der Region Fuß fassen.

Rückblick: Es ist Mai im Jahr 2015. Turnusgemäß werden die Bilder der Fotofallen im Nationalpark ausgelesen. Und dabei finden die Forscher eine kleine Sensation. Ein Wolf streift durch die Wälder der grenzüberschreitenden Schutzgebiete. Es ist der Anfang einer erfolgreichen Rückkehr der streng geschützten Tierart.

RÜCKKEHR OHNE MENSCHLICHE HILFE

Der Wolf gehört eigentlich seit jeher zur natürlichen Artausstattung des Böhmerwalds. Doch die Menschen sahen ihn als Gefahr und rotteten ihn aus. 1848 wurde das letzte Tier auf bayerischer Seite geschossen. Anders als bei Luchs oder Habichtskauz, die nach ihrem Verschwinden Ende des 20. Jahrhunderts aktiv wieder angesiedelt wurden, gab es solche Bestrebungen nicht für den Wolf. Doch die Tiere hatten auch keine Hilfe nötig. Sie kamen von ganz allein. Ein Jahr nach der ersten Sichtung hielt eine Fotofalle bereits ein Wolfspaar fest. Genetische Untersuchungen von Kotproben zeigten, dass das Weibchen aus der zentraleuropäischen Tieflandpopulation, also aus Polen, eingewandert war. Ihr Begleiter wiederum stammt aus den italienischen Alpen. Es ist das erste Mal, dass es zwischen diesen beiden europäischen Teilpopulationen zum Austausch kommt und sich diese vernetzen. Wissenschaftler der Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava starten in enger Zusammenarbeit ein intensives Monitoring. Denn: Von Anfang an nutzen die Wölfe beide Schutzgebiete als Kern-Lebensraum.

ERSTE JUNGTIERE NACH 150 JAHREN

Die Wölfe wiederum begannen damit, sich fortzupflanzen. Im Sommer 2017 dokumentierte eine automatisch auslösende Videokamera vier Jungtiere. Es ist der erste Wolfsnachwuchs in Bayern seit über 150 Jahren. Von da an geht es für die kleine Population langsam bergauf. 2020 etabliert sich ein zweites Rudel in der Region. Grundstein dafür legt ein Weibchen aus dem ersten Wurf und ein weiterer vermutlich aus Polen hinzugewanderter Wolf. Regelmäßig wird Nachwuchs dokumentiert. Dieser ist auf der Suche nach eigenen Gebieten durchaus reiselustig. Ein männliches Tier wird 2018 in der Mitte Thüringens nachgewiesen, ein anderer Rüde kommt im selben Jahr vor den Toren Hamburgs im Straßenverkehr ums Leben, nachdem er vorher bei seinen Verwandten in Sachsen vorbeigeschaut hat.

SENDER LIEFERN GENAUE DATEN

Um noch mehr über das Verhalten der Wölfe zu erfahren, begannen tschechische Wissenschaftler Ende 2020 damit, einzelne Tiere zu fangen, um ihnen GPS-Halsbänder anlegen zu können. Insgesamt drei Wölfe gaben auf diese Art und Weise schon ihre Bewegungsmuster preis. Eine der betreffenden Artgenossen, eine junge Wölfin, streifte mit ihrem Sender lange Zeit auch durch bayerische Wälder unterhalb des Falkensteins und Rachels. Zusammen mit Genproben und Fotofallenauswertungen bieten diese Daten den Forschern eine sehr gute Grundlage, um Aussagen über die gesamte Population im Böhmerwald zu machen. Die bestand im Februar 2022 aus vier Rudeln mit einer Größe von mindestens je fünf bis sechs Tieren sowie zwei Pärchen, zusammen 26 Tiere.

KURZ UND BÜNDIG:

  • Wölfe kehrten 2015 auf natürliche Weise in den Böhmerwald zurück.
  • Ein polnisches Weibchen und ein italienisches Männchen sorgten erstmals für Nachwuchs.
  • Mittlerweile leben 26 Wölfe in der Region, drei Tiere wurden mit GPSSendern bestückt. Nutztiere kamen im Nationalpark Bayerischer Wald bislang nicht zu Schaden.

Der Text ist in der Broschüre "Forschung im Nationalpark" erschienen und kann auf der Homepage des Nationalparks Bayerischer Wald heruntergeladen werden. 

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