Tagesgeschäft mit Elch, Wildkatze, Auerhuhn und Co.

Blick hinter die Kulissen: Christoph Wagners Arbeitsalltag im Tier-Freigelände

Eintrag Nr. 68/2022
Datum:


Christoph Wagner lockt den Elchbullen mit einem Leckerli zum Zaun.
Christoph Wagner lockt den Elchbullen mit einem Leckerli zum Zaun.

Auch der Baummarder lässt sich mit Leckereien nah heranlocken.
Auch der Baummarder lässt sich mit Leckereien nah heranlocken.

Der Arbeitsalltag der Tierpfleger beginnt in der Futterküche, wo für jede Art das Passende hergerichtet wird.
Der Arbeitsalltag der Tierpfleger beginnt in der Futterküche, wo für jede Art das Passende hergerichtet wird.

Im Tier-Freigelände gibt’s unter anderem Braunbären, ...
Im Tier-Freigelände gibt’s unter anderem Braunbären, ...

... Luchse, ...
... Luchse, ...

... und Fischotter zu sehen. Fotos: Sascha Rösner, Patrik Stanek, Nationalpark Bayerischer Wald
... und Fischotter zu sehen. Fotos: Sascha Rösner, Patrik Stanek, Nationalpark Bayerischer Wald

Altschönau. Gemächlich trabt der majestätische Elchbulle aus der Mitte seines weitläufigen Geheges mitten im Wald in Richtung Stall. Er hat wohl mitbekommen, dass dort gerade ein Auto vorgefahren ist. Mit dem Auto kommt schließlich das Futter, so auch diesen Vormittag. Tierpflege-Meister Christoph Wagner kommt das ganz recht. Bei der täglichen Fütterung nebst Kontrollgang durch das Tier-Freigelände im Nationalparkzentrum Lusen gehört es zu seinen Aufgaben, die Tiere in Augenschein zu nehmen. „Wir schauen dabei nicht nur, ob alle Tiere da sind, sondern auch, ob sie bei bester Gesundheit sind.“

Um nah an den Bullen heranzukommen, lockt er ihn mit einem Leckerli an den Zaun, der nicht nur ihn, sondern auch den Elch um einiges überragt. Mit den Tieren ist im Fall der Fälle nicht zu scherzen. Und Sicherheit geht eben vor. „Heute kann ich nichts Auffälliges feststellen“, freut sich schließlich der Tierpfleger, nachdem er einen genaueren Blick auf den nordisch anmutenden Vierbeiner werfen konnte. Wenig später trotten auch seine beiden Mitbewohnerinnen daher. Das Trio wird noch mit Elchpellets und speziellem Heu gefüttert. „Bei der Ernährung gehören die Elche zu unseren empfindlichsten Tieren“, weiß Wagner. „Deswegen müssen wir ganz genau darauf achten, was sie fressen.“ Hauptnahrung sind – wie in freier Natur – deswegen Äste und Bäume, von denen die Tiere hauptsächlich die Rinde, Blätter, Nadeln und Knospen fressen. Dreimal die Woche wird das Holz mit dem Kranwagen direkt ins Gehege gefahren. Eine Bitte an die Besucher will Wagner an dieser Stelle noch loswerden: „Bitte füttern Sie die Tiere nicht. Falsche Nahrung kann in vielen Fällen zu schweren Erkrankungen führen.“ 

Kartoffeln, Karotten, Obst, Fisch, Fleisch, Getreide und Futterpellets

Los ging Wagners Tag bereits zwei Stunden vorher. Mit seinen Kollegen traf er sich an der Futterküche, die im Nationalpark-Servicezentrum bei Altschönau untergebracht ist. Hier unterhält das Schutzgebiet nicht nur eine eigene Futtertierzucht, sondern auch den Stützpunkt der Tierpfleger. Emsig werden sackweise Kartoffeln und Karotten in Autos verladen. Hinzu kommen große und kleine Schalen gefüllt mit Obst, Fleisch oder Fisch. Und in einigen Schälchen würden Laien Müsli vermuten, bloß, dass die Mischungen aus Getreide und Futterpellets für die verschiedenen Vogelbewohner beispielsweise noch mit Hackfleisch oder Insekten verfeinert sind. „Da geht täglich schon was raus in die Gehege“, sagt Christoph Wagner. „Allein unsere beiden Braunbären fressen pro Tag ungefähr 25 Kilogramm – meist eine Mischung aus Fleisch, Äpfeln, Salat, Karotten und Fisch.“

Welchen Aufwand Wagner und seine sechs Kollegen 365 Tage im Jahr betreiben, um einen reibungslosen Ablauf des Betriebs zu gewährleisten, ist für die meisten Besucher des Tier-Freigeländes bei Neuschönau kaum vorstellbar. Doch die rund 180 tierischen Bewohner aus gut 40 Arten verlangen dem Team schon einiges ab. Schon allein die wöchentlichen Kontrollgänge der Zäune dauern bei den beachtlichen Gehege-Größen einfach sehr lange. Allein die Wildschwein-Anlage ist so groß wie 18 Fußballfelder.

Verstecktes Futter als Beschäftigungsangebot

500 Quadratmeter Platz hat das Wildkatzen-Paar, zu dem Wagner gerade unterwegs ist. Mit geschultem Auge erspäht er das Männchen zwischen zwei Baumstämmen. „Da liegt er ganz oft“, weiß der 31-Jährige. „Das Weibchen ruht sich um diese Zeit bestimmt noch in der Höhle aus.“ Nach einem kurzen Kontrollblick durch die Futterklappe bestätigt sich diese Vermutung. Was bei den Tieren auf dem Speiseplan steht, variiert übrigens oft, wie Wagner sagt. „Wir versuchen, die Ernährung so abwechslungsreich und natürlich wie möglich zu gestalten.“ Gerade bei den Wildkatzen wird das Futter auch oft versteckt. „Dann sind sie zugleich noch damit beschäftigt es zu suchen.“ Übrigens wird das ohnehin schon große Gehege aktuell auf etwa die doppelte Größe erweitert, um den Tieren noch mehr Platz zu bieten.

Zu den Aufgaben der Tier-Pfleger gehört aber nicht nur das Füttern und Kontrollieren. Auch Saubermachen steht auf dem Plan. Solange noch kein Schnee liegt, wird zum Beispiel bei Birk- und Auerhühnern der Kot aus dem Gehege geholt. Mit Rechen und Schaufel ist Wagner gerade dabei, die Hinterlassenschaften einzusammeln. „Das hat hauptsächlich etwas mit Hygiene zu tun, weil man dadurch Krankheiten der Tiere vorbeugt.“ Am meisten zu tun gibt’s in diesem Bereich nach Schneeabgang, wenn die Hinterlassenschaften des ganzen Winters zum Vorschein kommen.

„Jeder Tag ist anders, nie gleicht einer dem anderen“

Der nächste Stopp ist eine besonders quirlige Angelegenheit. Schon beim Betreten des Geheges wuselt der braune Baummarder quickfidel um Wagner herum. Als er ihm eine Banane hinhält, fackelt der kleine Säuger nicht lang und holt sich einen Happen. „Das Weibchen gegenüber ist dafür weitaus weniger zutraulich“, weiß der Tierpfleger aus Erfahrung. So hat sich die Dame des Hauses zwar kurz blicken lassen, das Futter lässt sie sich aber lieber für später hin drapieren.

Und was schätzt der Nationalparkmitarbeiter nun besonders an seinem Job? „Jeder Tag ist anders, nie gleicht einer dem anderen“, sagt Wagner. Dazu kommt seine Tierliebe. „Ich hatte schon immer Tiere daheim und wollte daher immer etwas ‚Tierisches‘ machen. Ich wüsste auch gar nicht, was ich sonst tun wollte.“ Was er jetzt tut, ist hingegen ganz klar. Die nächste Station auf seiner Tour sind die Greifvögel.

 

Info Tier-Freigelände

Das Tier-Freigelände im Nationalparkzentrum Lusen ist das ganze Jahr über geöffnet. Der Eintritt ist frei, es fallen jedoch Parkgebühren an. Durch das weitläufige Areal aus großzügigen Landschaftsgehegen führt ein sieben Kilometer langer Rundweg, für den man mit Tierbeobachtungen drei bis vier Stunden einplanen sollte. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten zum Abkürzen. Die Wege sind breit, im Winter geräumt und somit auch für Kinderwägen, mit Einschränkungen auch für Rollstühle geeignet. Zu den Tierarten, die mit etwas Geduld zu sehen sind, zählen neben den oben genannten unter anderem auch Luchse, Rothirsche, Biber, Uhus, Kreuzottern, Wisente und Fischotter. Täglich finden ab Alt- oder Neuschönau dreistündige Führungen durch die Anlage statt. Weitere Infos dazu unter www.nationalpark-bayerischer-wald.de.

Anreise:

Bushaltestelle Nationalparkzentrum Lusen
Navi: Böhmstraße 39, 94556 Neuschönau

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