Sound of Woid

Forschungsprojekt erkundet die Tierstimmen im Nationalpark

Eintrag Nr. 36/2024
Datum:


Jens Schlüter beim Installieren einer Soundbox. Foto: Annette Nigl
Jens Schlüter beim Installieren einer Soundbox. Foto: Annette Nigl

Grafenau. Wenn man weiß, wie der Wald klingt, dann weiß man auch, wer darin wohnt. Aber wie kann man wirklich alle Geräusche, die in der Natur zu hören sind, aufnehmen, auswerten und registrieren – und das auch noch in Echtzeit? Das Forschungsprojekt „Ranger-Sound“ des Nationalparks Bayerischer Wald, der Universität Würzburg und der Technischen Universität Chemnitz hat eine Idee.

Das Gerät, das Jens Schlüter, Mitarbeiter des Nationalparks Bayerischer Wald, aus seinem Rucksack hervorholt, sieht aus wie eine Wildkamera. Nur ohne Linse, dafür ist unten ein kleines Mikrofon zu sehen. Mit einem Gurt befestigt er den Apparat an einem Baum, legt Batterien ein und schaltet auf „on“. Dass mit solchen Geräten die Geräusche des Waldes aufgenommen werden, ist für ihn nichts Neues. Neu hingegen ist der Ansatz des Forschungsprojektes, das im Herbst startet. „Die Geräusche werden nicht nur aufgenommen, sondern zeitgleich an eine KI geschickt“, erklärt Jens Schlüter. „Diese analysiert unmittelbar, welche Tierart zu hören ist und schickt mir dann sofort eine SMS.“

Daten sollen beim Besuchermanagment helfen

Und noch eine Neuerung gibt es: Nicht die Mitarbeiter im Forschungsteam sind die Hauptprotagonisten, die mit der neuen Technik arbeiten sollen. Sondern die Rangerinnen und Ranger des Nationalparks. „Sie werden geschult und so ausgestattet, dass sie bei ihren Streifen im Gelände mit Hilfe der neuen Sound-KI-Geräte in Echtzeit Daten erheben können.“ In der Praxis kann dies sehr nützlich sein. „Sind sie beispielsweise bei einer Führung mit einer Gruppe von Besuchern unterwegs und bekommen von der KI die Meldung, dass in der Nähe ein Auerhahn balzt, dann kann man diesen Bereich umgehen und stört die Vögel nicht“, erklärt Schlüter.

Generell soll diese Methode auch beim Besuchermanagement zum Einsatz kommen. „Wenn wir wissen, dass in einem Bereich ein Habichtskauz brütet, kann ich Wanderwege umleiten. Bisher musste man abwarten, bis alle paar Wochen die SD-Karte bei den Geräten ausgetauscht worden ist. Und dann war die Brut schon vorbei.“

Zusammenarbeit von Informatikern, Ornithologen und Nationalparkforschern

Und noch einen Vorteil gibt es: Wenn die Forscher des Nationalparks beispielsweise Vögel kartiert haben, waren sie selbst eine Störung. „Jedes Haselhuhn, das mich kommen hört, versteckt sich und gibt keinen Laut mehr von sich. Ich weiß also nicht, dass es da ist.“ Die Soundbox ist keine Störung und fällt den Tieren nicht auf – und kann daher alles erfassen. „Es ist eine tolle Methode und wir erhalten saubere Daten über Populationsgrößen und ihre Verbreitung.“

Bis es jedoch so weit war, mussten jede Menge verschiedene Zahnrädchen ineinandergreifen. Das Wissen unterschiedlichster Experten war gefragt. Informatiker hatten die KI auf Vogelstimmen trainiert. Dass die Klänge richtig definiert worden sind, dafür waren Ornithologen zuständig. Bei der Zulieferung der für den Bayerwald typischen Geräusche war wiederum das Forschungsteam des Nationalparks federführend.

Letztendlich ging alles Hand in Hand, so dass im Herbst 2024 mit der Schulung der Ranger und der Auswahl der Standorte begonnen werden kann. Und im Frühjahr 2025 gehen die KI-Geräte dann auf Sendung – um ihn aufzuzeichnen, den Klang des Waldes.

 

Info: Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des Nationalpark-Magazins "Unser wilder Wald". Das Magazin liegt nicht nur in der Region aus, sondern ist als ePaper-Ausgabe auch auf der Nationalpark-Homepage veröffentlicht.

Zum Seitenanfang scrollen nach oben