Wilde Honigbienen

Patrick Kohl spürt freilebenden Bienen nach

Eintrag Nr. 15/2025
Datum:


Wildbiene an Blüte. Foto: Patrick Kohl
Wildbiene an Blüte. Foto: Patrick Kohl

Patrick Kohl bei der Markierung von Bienen. Foto: Julia Reihofer
Patrick Kohl bei der Markierung von Bienen. Foto: Julia Reihofer

Riedlhütte. Patrick Kohl von der Universität Hohenheim in Baden-Württemberg ist im Nationalpark Bayerischer Wald wilden Honigbienen auf der Spur. Der Forscher will mehr über deren Lebensweise und mögliche Anpassungen an das raue Leben in der  Nationalparkwildnis herausfinden. Dazu wurde nämlich bislang kaum geforscht.

Mit einer schwarzen Fangbox und einem aufmerksamen Blick streift Patrick Kohl über die artenreichen Wiesen am Wintergatter Neuhüttenwiese. Selbst jetzt im Spätsommer summt und brummt es hier noch überall. Der Forscher der Universität Hohenheim in Baden-Württemberg ist unterhalb des Großen Rachel auf der Suche nach wildlebenden Honigbienen: „Es gibt viele Bienenarten, aber eben nur eine Honigbiene, die wir vor allem aus den Imkereien kennen. Die Honigbiene ist ursprünglich natürlich auch eine Waldbewohnerin gewesen. Über ihre Ökologie und Lebensweise als Wildtier ist jedoch kaum etwas bekannt.“ Das möchte der Ökologe durch seine aktuelle Forschungsarbeit ändern.

Höhlenbäume bieten Bienen ein gemütliches Zuhause

Der Nationalpark Bayerischer Wald eignet sich dafür außerordentlich gut. „Wir haben hier ein großes Waldgebiet mit zahlreichen Höhlenbäumen, in denen die Bienen ein Zuhause finden können und dazwischen diese Waldinseln, wie hier an der Neuhüttenwiese, mit artenreichen Blumen- und Wildkräuterwiesen. Das ist ein idealer Lebensraum.“ Ein weiterer Pluspunkt des Forschungsgebietes ist die Abgeschiedenheit. „Dass hier Bienen von Imkern aus den umliegenden Dörfern
zum Pollensammeln herfliegen, ist quasi ausgeschlossen. Die Distanz dazwischen ist einfach zu groß.“ Patrick Kohl kann sich also ziemlich sicher sein, dass es sich bei den Honigbienen, die auf der Neuhüttenwiese umherschwirren, um  wildlebende Artgenossinnen handelt. 

Wahrscheinlich sind diese zwar einst aus Imkereien der Umgebung ausgeschwärmt, haben sich aber dann in den Nationalparkwäldern eine neue Heimat gesucht. „Es ist ein völlig natürliches Verhalten der Honigbienen, dass ein Teil des Schwarms im Sommer mit der alten Königin ausfliegt, das gehört zu ihrer  Überlebensstrategie. Herauszufinden, ob sie aber auch in der Wildnis überleben und vor allem überwintern können, das ist der Kern meiner Forschungsarbeit.“ Eine weitere Frage, die sich der Forscher stellt, ist, ob und wie sich wildlebende  Honigbienen an ihren neuen Lebensraum anpassen und ob dies möglicherweise anhand genetischer Veränderungen feststellbar ist.

Legostein mit spezieller Zuckerlösung soll die Insekten anlocken

Doch zunächst muss Patrick Kohl herausfinden, ob es auf der weitläufigen Neuhüttenwiese überhaupt Honigbienen gibt und gegebenenfalls, wo diese ihren Höhlenbaum haben. Was anfänglich wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen aussieht, bringt den Forscher nicht so schnell aus der Ruhe. „Jetzt im Spätsommer blüht hier teilweise noch das  Johanniskraut, auf das die Honigbienen fliegen.“ Gezielt sucht er deshalb die entsprechenden Bereiche ab, im Anschlag eine kleine zweikämmrige Fangbox. Und tatsächlich hat Patrick Kohl nach wenigen Minuten bereits die erste wilde Honigbiene  damit gefangen. 

Zügig transportiert er das Insekt zu seinem kleinen Forschertisch, den er auf der Wiese aufgebaut hat. „Was ich jetzt tue, ist die Biene auf eine spezielle Zuckerlösung zu triggern“, erklärt er, als er in einen umgedrehten Legostein eine transparente Flüssigkeit träufelt. „Die ist extrem süß und zur besseren Unterscheidbarkeit für die Bienen zu anderen  Futtermöglichkeiten mit Anisaroma versehen. So kommen sie ziemlich sicher wieder hier an meine kleine Bienentankstelle.“  Vorsichtig schiebt Patrick Kohl nun den Spielstein in die Fangbox und öffnet den Schieber zur zweiten Kammer, sodass die zuvor gefangene Honigbiene zur Zuckerlösung gelangen kann. „Bienen kommunizieren den anderen Pollensammlerinnen im Bienenstock, wo sich die besten Futtermöglichkeiten befinden. Dieses natürliche Verhalten mache ich mir für meine  Forschung zu nutze.“

Mit Uhr und Kompass wird der Flug verfolgt

Damit die Honigbiene in der Fangbox diese zuckersüße Botschaft an ihre Artgenossinnen weitergeben kann, lässt der Forscher sie nun frei. Vollgetankt schraubt sich das kleine Insekt in immer größer werdenden Kreisen in den Himmel. Mit einer Uhr und einem Kompass in der Hand verfolgt Patrick Kohl aufmerksam ihren Flug. „Ich schaue in welche Richtung die Biene fliegt und notiere mir auch die genaue Uhrzeit. Dann kann ich, wenn sie zurückkommt, auch die ungefähre Distanz zum Höhlenbaum des Bienenschwarms abschätzen.“ Wildlebende Honigbienen nutzen dafür im Übrigen meist alte verlassene Spechthöhlen, von denen es im Nationalpark zahlreiche gibt. „Wir haben bei einem Spechthöhlenmonitoring in einem Wirtschaftswald in Bayern schon festgestellt, dass im Sommer ungefähr jede zehnte Höhle von Honigbienen besiedelt war. Das ist mehr als man vermuten würde.“

 

Video zum Thema

Auf dem YouTube-Kanal des Nationalparks gibt's auch ein Video von Patrick Kohl und seiner Arbeit.

 

Info: Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des Nationalpark-Magazins "Unser wilder Wald". Das Magazin liegt nicht nur in der Region aus, sondern ist als ePaper-Ausgabe auch auf der Nationalpark-Homepage veröffentlicht.

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