Schutzgüter europäischen Ranges

Auszug aus Naturschutz-Broschüre: Das Natura-2000-Management im Nationalpark Bayerischer Wald

Eintrag Nr. 40/2023
Datum:


Hilfsmaßnahmen für den Grauerlenwald gab’s bisher zum Beispiel am Reschbach bei Mauth.
Hilfsmaßnahmen für den Grauerlenwald gab’s bisher zum Beispiel am Reschbach bei Mauth.

Wanderfalke mit Nachwuchs. Foto: Michael Göggelmann
Wanderfalke mit Nachwuchs. Foto: Michael Göggelmann

Scheuereck. Das Wasser rauscht ohrenbetäubend gen Tal. Eng eingeschnitten im Tal des Höllbachs stürzt das kühle Nass über meterhohe Abstürze hinunter. An den hoch aufragenden Flanken wächst immer noch ein urwaldartiger Bestand. Hier stehen majestätische Exemplare seltener Bayerwald-Baumarten, etwa Bergahorne und Ulmen. Direkt an den Wasserfällen werden Wanderer, die hier im Frühjahr unterwegs sind, von einem Stopp-Schild empfangen. Einer der beiden möglichen Wege zum Großen Falkenstein ist gesperrt. Grund dafür: Die Brut der Wanderfalken soll geschützt werden.

VIEL OFFENLAND LEBT VOM MANAGEMENT

Die temporäre Wegesperrung ist nur eine der vielfältigen Maßnahmen, die im Nationalpark im Rahmen von Natura 2000 ablaufen. Dabei handelt es sich um ein europaweites Netz an Schutzgebieten. Das Nationalparkgebiet ist in diesem System sowohl nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie als auch nach der Vogelschutzrichtlinie geschützt. Ziel ist es jeweils, Arten und Lebensräume in ihrer aktuellen Form zu erhalten – ihren Zustand im Idealfall sogar zu verbessern. Im Nationalpark kann das durchaus zu Konflikten führen. Während sich der Großteil des Waldes von selbst der Natura-2000-Zielsetzung nach entwickelt, sieht es bei Sonderstandorten anders aus. Zum Beispiel Bergmähwiesen und Borstgrasrasen leben vom Management.

AUCH GRAUERLENWÄLDER BRAUCHEN HILFE

Um ein gutes Miteinander von „Natur Natur sein lassen“ und Natura-2000-Zielen zu schaffen, wurden im Nationalparkplan konkrete Maßnahmen definiert. Diese werden meist außerhalb der rund 75 Prozent großen Nationalpark-Naturzone durchgeführt – etwa die Pflege der Schachten, die zur Managementzone zählen. Hilfe benötigen beispielsweise auch kleinflächig vorhandene Grauerlenwälder. Diese befinden sich zumeist an den Bächen der Nationalparkgrenzen. Aufgrund der Regulierung der Gewässer und somit immer öfter ausbleibenden Wasserstands-Schwankungen sowie aufgrund von Menschenhand gepflanzter Fichten können sich die typischerweise vorkommenden Pflanzengesellschaften nicht mehr allein erhalten. Da hilft oft nur: Abermals Hand anlegen. Das heißt: Fichten fällen und den Gewässern dazu verhelfen, wieder mehr Dynamik entfalten zu können.

WENN DER FÖRSTER BRUTBÄUME SUCHT

Das Natura-2000-Thema hat aber auch ganz praktische Auswirkungen auf die Arbeit im Nationalpark-Randbereich, wo zum Schutz angrenzender Privatwälder Maßnahmen zur Borkenkäferbekämpfung durchgeführt werden. So achten die Förster bei allen Eingriffen darauf, dass nicht im direkten Umgriff eines Vogelbrutstandortes gearbeitet wird, um die Nachwuchsaufzucht von Schwarzspecht, Habichtskauz und Co. nicht zu gefährden. In Moorwäldern hingegen soll der Untergrund geschützt werden, anstelle von schweren Maschinen kommen dort Seilkräne zum Einsatz – oder das Holz bleibt entrindet im Wald. Daneben werden Wurzelteller als Huderplätze für Haselhühner liegen gelassen oder Totholz- Stämme als Verbiss-Schutz für Tannen-Nachwuchs platziert. So gibt es einen ganzen Katalog an individuell einsetzbaren Lösungen.

Gewinner

Der WANDERFALKE profitiert besonders vom Management rund um Natura 2000. Weil er gern einen direkt am Wanderweg liegenden Brutplatz im Höllbachgspreng nutzt, um seinen Nachwuchs großzuziehen, wird der Pfad alljährlich gesperrt. Erst wenn der Nachwuchs flügge ist oder ersichtlich ist, dass hier keine Brut stattfindet, dürfen Wanderer wieder vorbeigehen.

Vor Ort erleben

Lebensraumpflege im Sinne von Natura 2000 können Besucher zum Beispiel im Reschbachtal bei Mauth oder am Kolbersbach bei Ludwigsthal erleben. Dort stehen seltene Grauerlenwälder dank menschlicher Hilfe nun wieder besser da.

 

Hinweis: Dieser Text stammt aus der im Juli 2023 erschienenen Broschüre "Naturschutz im Nationalpark". Die komplette Publikation kann auf der Nationalpark-Homepage als ePaper gelesen werden.

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