Ein Tausendsassa verlässt den Nationalpark

Neuschönaus Förster Werner Kirchner in den Ruhestand verabschiedet

Pressemitteilung Nr. 03/2021

Datum: 08.02.2021

35 Jahre lang war Werner Kirchner im Nationalpark als Förster tätig. Nun gehen er und seine Hündin Feli in den wohlverdienten Ruhestand. (Foto: Annette Nigl/Nationalpark Bayerischer Wald)

35 Jahre lang war Werner Kirchner im Nationalpark als Förster tätig. Nun gehen er und seine Hündin Feli in den wohlverdienten Ruhestand. (Foto: Annette Nigl/Nationalpark Bayerischer Wald)

Neuschönau. Er stand Herausforderungen gegenüber, wie sie ein „normaler“ Förster nie haben würde. In den 35 Jahren, in denen Werner Kirchner beim Nationalpark Bayerischer Wald gearbeitet hat, war er nicht nur ein Experte rund um den Wald. Er war auch Tierflüsterer, Philosoph und Pädagoge. Ein Macher, Bauer und Gestalter. Seit Februar ist der 65-Jährige nun im wohlverdienten Ruhestand.

„Otti!“ Werner Kirchner steht am Fischottergehege im Tier-Freigelände bei Neuschönau und ruft seinen Lieblingstieren. Es dauert keine Minute und schon kommen die beiden Wassermarder angerannt, schauen neugierig und toben im Schnee. Dass sich nicht nur die beiden Otter hier wohl fühlen, sondern auch Werner Kirchner, merkt man sofort.

Veränderung der Waldbilder ist faszinierend

Vor 35 Jahren hat er sich ganz bewusst nach seiner Staatsprüfung dafür entschieden, vom Forstamt Rehau im Landkreis Hof in den Nationalpark Bayerischer Wald zu gehen. „Erst nur als Beamter zur besonderen Verfügung“, erinnert sich Werner Kirchner. „Ich wollte schauen, ob die Arbeit hier für mich passt und ob sich meine Familie wohl fühlt.“ Nachdem Frau und Tochter mit der neuen Heimat einverstanden waren, hat er die Stelle fest angenommen. Im Forsthaus in Neuschönau fanden er, seine Frau und später drei Töchter ihren idealen Platz.

„Zunächst aber nur für sechs Jahre – letztendlich sind 35 daraus geworden.“ 35 Jahre, in denen die Faszination darüber, wie sich die Natur in dem Schutzgebiet selbst entwickeln darf, von Jahr zu Jahr größer geworden ist. „Es hieß immer, dass der Wald nach einer Störung lange braucht, um sich wieder zu entwickeln.“ Nach den großen Borkenkäferschäden in den 1990er Jahren ging die Verjüngung dann doch schneller als alle erwartet haben. „Es ist faszinierend zu sehen, wie sich in meiner Dienstzeit Waldbilder immer wieder verändert haben. Und das ohne Zutun des Menschen.“

Eine Mensch-Tier-Beziehung aufgebaut

Doch nicht nur im Wald kannte sich Werner Kirchner aus wie in seiner Westentasche. Er war ein Tausendsassa. Nach zwei Jahren als Beamter zur besonderen Verfügung hatte er 1988 die Forstdienststelle Neuschönau übernommen. Dazu gehörten auch das Tier-Freigelände, die Schreinerei und der Wegebautrupp. „Das war eine bunt gemischte, tolle Mannschaft aus den unterschiedlichsten Berufen.“ Und so vielfältig wie die Kollegen rund um ihn herum waren, so abwechslungsreich waren auch seine Aufgaben.

Gerade die Arbeit im Tier-Freigelände war eine ganz neue Erfahrung für den Förster. „Ich musste mich einfühlen, eine Mensch-Tier-Beziehung aufbauen.“ Werner Kirchner denkt sofort an die beiden Fischotter, die er mit der Unterstützung seiner Familie per Hand großgezogen hat. Oder an die vielen Auswilderungen von Habichtskäuzen und Auerhühnern. „Das waren tolle Erlebnisse. Und hier habe ich viel über Tiere gelernt.“ Wissen, das ihm auch half, wenn nicht alles nach Plan verlief. Wie beim Wolfsausbruch im Jahr 2002. „Das war eine schwierige Situation“, denkt Werner Kirchner zurück. „Da lag viel Verantwortung auf meinen Schultern.“

Führungen bei Reihe "Nationalpark und Schöpfung"

Dies galt auch nach Stürmen, wenn die Arbeit im Wald für die Forstleute ganz besonders gefährlich war. „Ich erinnere mich noch an Wibke im Jahr 1990. Wir hatten einen enormen Schaden im Tier-Freigelände.“ Jeder Arbeitseinsatz musste hier vorausschauend geplant werden. „Dies ist uns immer gut gelungen“, freut sich Werner Kirchner. „In den 35 Jahren meiner Dienstzeit hatten wir keine schweren Unfälle oder gar Todesfälle im Revier.“

Deshalb blickt Werner Kirchner positiv auf sein Arbeitsleben zurück. „Ich habe gerne mit den verschiedensten Leuten zusammengearbeitet.“ Auch auf dem Jugendzeltplatz, für den er 30 Jahre lang verantwortlich war, hat er tolle Menschen kennengelernt. Begegnungen über den Nationalpark hinaus waren für ihn sowieso immer wichtig. Neben normalen Führungen hatte es Werner Kirchner die Reihe „Nationalpark und Schöpfung“ angetan. „Die Begleitung von einem Theologen war immer spannend. Es war interessant, unter welchen Blickwinkeln wir gemeinsam die unterschiedlichsten Themen betrachtet haben.“ Und auch für die ganz Kleinen hatte der Förster – der mittlerweile selbst vierfacher Opa ist – schon immer ein Herz. Zusammen mit Kindergärten aus der Region hat er in den 1990er Jahren einen Leitfaden zu „Natur erleben im Nationalpark“ gemacht - und damit auch einen wichtigen Grundstein für die heutige Umweltbildung gelegt.

Über Jahrzehnte hinweg Nationalparkidee gelebt

Dr. Franz Leibl, Leiter des Nationalparks, bedankte sich bei Werner Kirchner für sein großes Engagement und wünschte ihm alles Gute für seinen Ruhestand. „Mit Werner Kirchner verlieren wir ein Nationalparkurgestein, einen Mitarbeiter, auf den stets Verlass war und der mit ganzem Herzen auch die Nationalparkidee über Jahrzehnte hinweg gelebt hat.“

Und was kommt nun für den Förster, der mittlerweile in Schönanger wohnt? „Zeit für die Enkel und für den Garten“, sagt Werner Kirchner und freut sich auf den Wandel in seinem Leben. Denn dass der Wandel etwas Positives ist, hat ihn die Natur von Neuschönau bis hinauf zum Lusen in den vergangenen 35 Jahren gelehrt. Man braucht sich nur die Waldbilder von früher und heute anschauen. „Der Wandel ist das einzig Beständige im Nationalpark. Und das ist auch gut so.“

 

Bildunterschrift: 35 Jahre lang war Werner Kirchner im Nationalpark als Förster tätig. Nun gehen er und seine Hündin Feli in den wohlverdienten Ruhestand. (Foto: Annette Nigl/Nationalpark Bayerischer Wald)

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